Traumberuf finden – zwischen Realität und Illusion

Auf der Suche nach der eigenen Zukunft, so ließe sich die Entscheidung für die passende Ausbildung beschreiben. Jugendliche, sollen eine berufliche Richtung einschlagen, ob mit einer Lehrstelle oder einem Studium. Es wird – wenn’s gut läuft – eine Entscheidung für die kommenden Jahrzehnte sein. Und die sollen sie in einer Zeit treffen, in der sie eigentlich noch vollkommen unbedarft sind und weder den Arbeitsmarkt noch sich selbst wirklich realistisch einschätzen können. Eine riesige Lücke klafft zwischen dem, was die Gesellschaft von jungen Menschen erwartet, was der Arbeits- und Ausbildungsmarkt bietet und der Wahrheit – nämlich der Wahrheit, wie die Jugendlichen sich selbst und ihre Fähigkeiten einschätzen. Den meisten ist bewusst, dass Ausbildung und Arbeitsplatz nicht nur über den Kontostand und die materiellen Möglichkeiten entscheiden werden. Der wahre Traumberuf aber ist der, der die persönliche Zufriedenheit ermöglicht. Aber wie findet man auf dem schmalen Grat zwischen Illusionen und gesellschaftlichen Zwängen heraus, welcher das sein könnte?

Aus Prinzessinnen und Piraten werden Arbeitnehmer

Kaum ein Kind in Deutschland hat darum gebettelt zur Schule gehen zu dürfen. Die erste Schultüte; die letzten Milchzähne sind gerademal ausgefallen; und schon geht’s los in die Wettbewerbsmaschinerie. Das – unbezweifelbar sinnvolle – Zwangskorsett der Bildung wird geschnürt. Per sofort geht es darum, sich mit Wissen zu befüllen. Aus einstigen Grundschülern werden Jugendliche. Dass die spielerische Kindheit spätestens jetzt gegen Zensuren und Wettbewerb ausgetauscht wird, hat ihnen keiner gesagt. Eine permanente Selbstorientierung beginnt.

Komplexe Eignungstests oder Ehrlichkeit zu sich selbst

In den allermeisten Eignungstest werden als Hauptkriterium für den passenden Job die individuellen Interessen der jeweiligen Person genutzt. Wer gerne bastelt, wird ein Handwerker oder Techniker. Wer pausenlos Online-Spiele macht, eignet sich vermutlich als IT-Spezialist. Wer kommunikativ ist und viele Freunde hat, passt perfekt in den Einzelhandel oder die pflegenden Berufe. Weit gefehlt. Derartig oberflächliche Ergebnisse haben mit hilfreichen Aussagen herzlich wenig zu tun. Wohlgemerkt, Berufsberater, Arbeitgeber und selbstverständlich die Eltern versuchen zu helfen. Das Problem: Keiner von Ihnen besitzt eine zuverlässige Wahrsager-Kugel. Also gilt es, sich den Fragestellungen wirklich rational zu nähern und die Tests förmlich auf den Kopf zu stellen. Die Auswertung ist in vielen Fällen verblüffend.

Zettel, Stift und eine gute Portion Ehrlichkeit zu sich selbst

In den Vordergrund sollten die Fragen nach den eigenen Fähigkeiten rücken. Der ehrliche Blick in den Spiegel ist vermutlich einer der schwierigsten überhaupt. Aber er ist jetzt zwingend notwendig. Noch konkreter als mit einem Eignungstest wird dieser Blick mit einem – zunächst – weißen Blatt Papier: Notieren Sie auf der einen Seite ihre drei Wunschberufe, auf der anderen Ihre individuellen Stärken. Anschließend werden rational (!) die Fähigkeiten aufgeschrieben, die für den spezifischen Beruf gefordert sind. Deckungsgleich? Dann ist ein erster Schritt bei der beruflichen Selbstfindung getan. Nicht deckungsgleich? So schnell merkt man, dass sich zwischen Wunsch und Wirklichkeit eine Schere öffnet. Warum diese Deckungsgleichheit so immens wichtig ist, ist leicht nachvollziehbar. Es macht einfach keinen Sinn, sich in ein Umfeld zu begeben, in dem man sich faktisch gar nicht wohlfühlen kann – wenigstens nicht auf Dauer. Im Mittelpunkt steht die Zufriedenheit. Die größte Aussicht auf Erfolg bei der Ausbildungs- und Arbeitsplatzsuche ist vorhanden, wo das Jobprofil perfekt zum Bewerber passt und umgekehrt. Es ist nicht wichtig, überall der oder die Beste zu sein. Punktuell und ganz spezifisch muss es passen. Damit steigen die Chancen, nach der Ausbildung auch wirklich einen Arbeitsplatz zu erhalten. Aber das ist erst der Anfang:

Überforderung oder Unterforderung – der Garaus für Zufriedenheit

Im nächsten Stepp stellen Sie sich detailliertere Fragen, die Sie zunächst direkt von den Traumjobs ableiten: Was reizt Sie an exakt diesen Berufen? Möglicherweise sind es die kreativen Möglichkeiten, eigenständig etwas zu entwickeln und zum Fortschritt beizutragen. Vielleicht ist es die vorgegebene Struktur eines weisungsgebundenen Arbeitsplatzes. Körperliche oder geistige Anforderungen, Reisefreudigkeit oder geregelten Arbeitsabläufe im Büro, Routine oder täglich Neues – all das sollte sorgfältig abgeklopft werden. Ist es angesichts der angebotenen Stellen überhaupt machbar, nach der Ausbildung weiter beschäftigt zu werden oder ist eine Bewerberschwemme absehbar? Dann kommt wieder der zweite Gedankenstrang: Entsprechen Sie wirklich all dem, was Sie sich da notiert haben? Müssen Sie sich eingestehen, dass Ihre Mathekenntnisse für den technischen Beruf nicht ausreichen, oder können Sie noch viel mehr? Das definitiv Wichtigste ist, in sämtlichen Belangen weder über- noch unterfordert zu sein. Wenn Sie die Notizen auf dem zuvor noch leeren Blatt Papier miteinander vergleichen, öffnen sich nicht nur die Augen, stattdessen auch viele Perspektiven und Ideen, was optimaler zu Ihnen passen könnte. Das Resultat kann eine vom Grundgedanken stark abweichende Berufswahl sein. Es wird eine sein, bei der das Risiko, die Ausbildung abzubrechen, deutlich geringer ist.

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