Wirtschaftsexperten gehen davon aus, dass bis zu 20 Prozent von Unternehmenskosten durch Streit und Zank innerhalb des Kollegiums verursacht werden. Das beginnt leicht nachvollziehbar bei der zumeist sinnentleert und ineffektiv verbrachten Arbeitszeit. Diverse Projekte können dadurch nur zeitverzögert – und entsprechend kostenintensiv – durchgeführt werden. Hinzu kommt, dass die Mitarbeitermotivation nachlässt, die psychisch bedingten Krankheitszeiten aber steigen. Für die Betroffenen noch unmittelbarer fühlbar ist die vergiftete Stimmung am Arbeitsplatz. Jeder Arbeitsnehmer bleibt zunächst einmal Mensch. Und der möchte, darf und sollte sich auch wohlfühlen. Die Harmonie mit den Kollegen ist dabei einer der entscheidenden Faktoren. Ist die Atmosphäre erst mal bei Minusgraden eingefroren, wird es problematisch.
Eine Portion Reibung gehört dazu
Vollkommen falsch beraten wäre, wer die kleinste Auseinandersetzung unter Kollegen gleich als dauerhaftes Problem empfindet. Reibereien gehören dazu – im Privatleben wie im Job. Ohne Differenzen kann es keine fundierten Ergebnisse und keine positive Entwicklung geben. Auseinandersetzungen und Meinungsverschiedenheiten können – und sollten – allerdings unbedingt sachlich bleiben. Umso effizienter und zufriedenstellender wird die Arbeit. Das sind sie aber beileibe nicht immer. Dabei erscheint es auf den ersten Blick paradox: Schließlich ist man eigentlich der Meinung, in einem Unternehmen sollten allesamt an einem Strang ziehen, jeder mit seinen eigenen Qualitäten, damit der eigene Lebensunterhalt dauerhaft gesichert ist. Tun sie aber nicht, denn: Neid, Konkurrenz und Verlustängste sind die typischen Gründe, die für Zank zwischen Kollegen sorgen. Also alles Gründe, bei denen nicht das gemeinsame Ziel, sondern vielmehr die eigene Situation im Mittelpunkt steht. Der Mensch bleibt eben doch ein Egoist. Und so steht die Frage im Raum, wie schwierige Konflikte unter gelöst werden können.
Zwischenmenschliche Grenzen nicht überschreiten
Zickereien, Pöbeleien, Ausgrenzung, Psychoterror und Mobbing können krankmachen – sowohl die Mitarbeiter als auch das Unternehmen. Letztlich – seien wir ehrlich – haben solche Verhaltensweisen auch nichts mit Niveau oder Charakterstärke zu tun. Die Problematik setzt sich aus vielen Facetten zusammen: Kollegen kann man sich nicht aussuchen, trotzdem verbringt man mit ihnen oftmals mehr Zeit als mit der eigenen Familie. Persönliche Aversionen sind vollkommen menschliche Züge. Man kann nun mal nicht jedem aufs Fell gucken, ohne dass sich zugleich die Nackenhaare aufstellen. Zeitgleich aber sind allesamt auf eine gewisse Portion Harmonie und Teamfähigkeit angewiesen. Leicht nachvollziehbar hat das auch mit der Akzeptanz von Person und Persönlichkeit mitsamt Schwächen, Macken und Fähigkeiten zu tun. Und genau in dieses Spannungsfeld spielt hinein, dass jeder Kollege auch Konkurrent ist: Er (oder sie) will den Job auf der nächsten Hierarchiestufe erklimmen, den man selbst als Zukunftsvision vor der Nase hat. Weil die Kollegen die Arbeit nicht schnell genug erledigen, muss man selbst umso mehr rackern. Und die Gehälter sind ohnehin ungerecht verteilt. Sogar das Verständnis dafür, dass niemand Stimmungsschwankungen oder die Tagesform an der Stechuhr abgibt, fällt schwer. Rivalen akzeptieren sich schon von ihrer Grundveranlagung nicht. Eine subtile und problematische Grundkonstellation, bei der nur Information, Charakter und im schlimmsten Fall Moderatoren und Supervision helfen können.
Probleme offen ansprechen, aber nicht in der Öffentlichkeit
Wenn das Kind in den Brunnen gefallen und die Stimmung entsprechend grabeskalt ist, sollten Sie die Probleme nicht in sich hineinfressen. Sie sollten die Schwierigkeiten auch nicht im großen Kollegium, sondern – solange das möglich ist – von Auge zu Auge klären. Was nicht stimmt, muss offen und ohne Zeitverzug angesprochen werden. „Offen“ ist in diesem Zusammenhang wirklich wörtlich zu nehmen und nicht mit „Öffentlichkeit“ zu verwechseln. Erwachsene Menschen sollten imstande sein, die Gründe herauszufiltern und zu vernünftigen Kompromissen zu kommen. Dazu gehört immer auch eine gute Portion Eigeninitiative und Kritikfähigkeit. Grundlage jeder Aussprache ist es, die Fehler nicht nur beim Gegenüber zu suchen. Man sollte sich fragen, ob die eigenen Außendarstellung im Job damit übereinstimmt, wie man von anderen Menschen gesehen wird. Wie kann man selbst aktiv dazu beitragen, die Situation zu entschärfen? Bemerkt der Kollege anschließend, dass man selbst wirklich etwas Nachhaltiges in die Waagschale werfen möchte, um zu einem besseren Arbeitsverhältnis zu kommen, ist die Debatte positiv ergebnisoffen. Was dann geschieht – man wird sehen.
Es passt oder es passt eben nicht
Selbst dann, wenn am Ende unter dem Strich steht, dass es wirklich nicht passt, sollte eine faktenorientierte Lösung angestrebt werden. Wenn die Streitparteien sich auf Augenhöhe miteinander unterhalten haben, dann können Sie möglicherweise auch gemeinsam zum Vorgesetzten gehen und ohne jeglichen persönlichen Angriff um eine Lösung bitten. Möglicherweise können im Unternehmen andere Teams gebildet werden. Vielleicht lassen sich Aufgaben anders verteilen. Und oft haben auch schon teambildende Motivationsmaßnahmen dafür gesorgt, dass aus einst für einander verständnislosen Kollegen gute Freunde wurden: Weil sie plötzlich Verständnis für die Situation und die Denkweise des anderen bekommen haben.
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