Die Abkürzungen auf der Visitenkarte – sind wir nicht alle ein bisschen „Chief“?

Sprachliche Amerikanisierungen auf der Visitenkarte liegen schon lange im Trend. Für bodenständig Außenstehende mögen die schmuckvollen Titel teilweise nach business-konformer Selbstbeweihräucherung klingen. Noch tut man sich hierzulande ein wenig schwer damit, sich mit dem veränderten Sprachgebrauch anzufreunden. Dabei haben diese Bezeichnungen einen ganz konkreten Hintergrund: die Globalisierung und die zunehmende internationale Vernetzung. Was gestern noch ein Vorstandsvorsitzender war, ist künftig ein CEO. Wer bislang als Geschäftsführer das operative Geschäft bestimmt und geprägt hat, nennt sich alsbald COO. Und wer bis dato Finanz- oder Buchhaltungschef war, heißt jetzt CFO. Der dahinterstehende Sinn ist auf der einen Seite, dass auch grenzüberschreitend agierende Unternehmen sich auf Geschäftsführungsebene einheitlich verständigen und Ihr Gegenüber konkret einschätzen können. Andererseits: Es klingt schlichtweg wichtig; klappern gehört zum Handwerk. Und bisweilen tauchen auch durchaus kuriose Bezeichnungen und skurrile Stilblüten auf.

Namen sind Schall und Rauch, heißt es immer wieder. Mag sein, aber gilt das für Titel genauso? Eher nicht, denn die Titel haben auch unternehmensrechtliche Bedeutung. Sie geben Auskunft über Verantwortlichkeiten und darüber, wer in welchem Maß für welche geschäftlichen Belange zeichnungsberechtigt ist. Grenzüberschreitend und global ist man bemüht, einheitlich verständliche Bezeichnungen einzuführen. Wobei, die Betonung liegt auf „einzuführen“. Noch bedeutet eine Hierarchie- oder Verantwortungsabkürzung nicht überall wirklich das Gleiche. So nennt sich beispielsweise der CEO in Großbritannien Managing Director. Die deutsche Entsprechung ist der Geschäftsführer bzw. das geschäftsführende Vorstandsmitglied. In den USA hingegen gehört ein Managing Director üblicherweise zur mittleren Hierarchieebene, lediglich einer von mehreren. Der US-amerikanische Vorstandsvorsitzenden ist der CEO.

CEO – Chief Executive Officer

Im deutschen Sprachgebrauch ist die Bezeichnung CEO (Chief Executive Officer) bereits sehr verbreitet; wobei die Abkürzung dem „Normalmenschen“ eingängiger ist, als die ausgeschriebene Variante. Nein, es ist natürlich nicht so, dass er über allem schwebt und keine tagesaktuellen Entscheidungen tätigt, sich lediglich um den Jahresbericht oder den Golfplatz kümmert. Der Schreibtisch ist voll und er hat reichlich zu tun, allerdings eher mit übergeordneten Aspekten, die der gesamten Firmenphilosophie und -Struktur entsprechen. Letztlich ist der CEO der verantwortliche Kopf von allem.

COO – Chief Operation Officer

Das Tagesgeschäft heißt auch längst nicht mehr Tagesgeschäft. Im Business-Jargon wird es als operatives Geschäft bezeichnet. Verantwortlich dafür, dass alles reibungslos abläuft und permanent optimiert wird – von der Produktplatzierung über die Logistik, vom Einkauf, die Lagerhaltung, den Kundenservice und vieles mehr, ist der COO – der Chief Operation Officer.

CFO – Chief Financial Officer

Einst hieß er ganz simpel und verständlich kaufmännischer Geschäftsführer, Finanzchef oder Leiter der Buchhaltung. Der CFO (Chief Financial Officer) ist für die finanziellen Belange des Unternehmens federführend verantwortlich. Er hat den Einblick über Einnahmen, Ausgaben, Kalkulationen, Kreditrahmen und die Fixkosten wie Löhne, Gehälter und die mobilen sowie immobilen Werte. Bei einer Außenprüfung durch das Finanzamt ist er der erste Ansprechpartner.

CHRO – Chief Human Resources Officer

Der Titel CHRO (Chief Human Resources Officer) klingt wichtig. Ist er auch. Gerade für Jobsuchende, die sich auf eine vakante Stelle bewerben möchten. Es handelt sich um den Personalchef oder Personalleiter des Unternehmens. Er trifft die letztgültige Entscheidung über eine Einstellung und ist auch ansonsten für den Personalstamm verantwortlich.

Chiefs ohne Ende

Letztlich, zum besseren Verständnis, sollte man sich dessen bewusst sein, dass sich im Grunde herzlich wenig verändert hat. Der Marketing-, Vertriebs- oder Verkaufsleiter bleibt exakt das. Nur heißt er eben CMO – Chief Marketing Officer. Der technische Leiter eines Unternehmens hat genau die gleichen Aufgaben wie in der Vergangenheit; aber CTO – Chief Technology Officer – hört sich weitaus innovativer an. Und so gibt es den CKO (Chief Knowledge Officer) – den „Chef des Wissens“, speziell zu finden in Unternehmen, die ihr Produkt- oder Dienstleistungsportfolio im Bereich der Wissenschaft haben. Es gibt den CVO, den Chief Visionary Officer, der als leitendes Vorstandsmitglied die unternehmerischen Visionen und Zukunftsprojekte vorantreibt. Die Praxis zeigt, dass die Zuständigkeiten und Verantwortlichkeiten – je nach Unternehmensstruktur und Größenordnung – sich häufig überschneiden.

Es wird kurios – von bodenständig keine Spur, warum auch

Dazu, einen Fensterputzer als Vision Clearance Engineer zu bezeichnen, gehört schon eine gehörige Portion Kreativität. Gewiss, es ist immer gut, einen klaren Blick nach draußen zu haben. Dass die visionären Entscheidungen allerdings mittlerweile durch saubere Fenster ermöglicht werden, erschließt sich – im wahrsten Sinne des Wortes – nicht auf den ersten Blick. Interessant ist auch die Bezeichnung Non Profit Manager. Glaubt man auf Anhieb, hier soll all das gemanaged werden, das kein Geld bringt, liegt man gar nicht sooo verkehrt: Es handelt sich um jemanden, der ehrenamtlich – also ohne Profit – tätig ist. Und wenn die Mülltonnen geleert werden, dann erledigen das natürlich längst keine Müllmänner mehr. Wenn die Müllabfuhr kommt und so kompetent wie pünktlich den häuslichen Unrat entsorgt, dann sind für Sie die Waste Removal Engineers im zuverlässigen Einsatz. Herzlichen Glückwunsch!

 

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