+++ Der schmale Grat zwischen selbstsicherem Auftreten und Überheblichkeit
Wer es aufgrund der schriftlichen Bewerbung zu einem Vorstellungstermin geschafft hat, hat die erste – eigentlich die schwierigste – Hürde genommen. Die Anzahl der Jobsuchenden ist üblicherweise immens hoch. Die Unternehmen selektieren die in ihrem Sinne erfolgversprechendsten Interessenten aus der Vielzahl der Bewerber, um mit dieser Auswahl in die nächste Runde zu gehen. Konnte man sich bis zum jetzigen Stadium trotz aller Fakten noch ein wenig hinter der Anonymität der Schriftstücke verstecken, geht’s nun ans Eingemachte. Per sofort ist Persönlichkeit gefragt. Genau jetzt gilt es, sich selbst zu präsentieren; vermutlich das schwierigste zu verkaufende „Produkt“ überhaupt. Aber wie besteht man diesen Drahtseilakt, welches Verhalten kann helfen, um die Personaler zu überzeugen und sich gegen die Mitbewerber durchzusetzen?
Vorbereitung – hoffentlich längst erledigt
Spätestens sobald der Briefumschlag mit der erhofften Einladung zum Vorstellungsgespräch im Briefkasten liegt, beginnt die konkrete Vorbereitung. Die eine Ebene ist die informative. Sie entwickeln jetzt die Sammelwut; jedes Detail über den potenziell künftigen Arbeitgeber kann helfen. Gleichbedeutend ist die persönliche Ebene, der ideale Auftritt mit der dem Anlass entsprechenden Kleidung und Rhetorik vor dem Personalentscheider. Nun soll schlichtweg nichts mehr dem Zufall überlassen werden. Wie gibt man sich, wie verhält man sich?
Die passende Kleidung – weder over- noch underdressed
Wie das Outfit aussehen sollte, ist von Branche zu Branche unterschiedlich. Leicht nachvollziehbar, dass Handwerker einen anderen Dresscode als Banker haben. Dennoch gibt es branchenübergreifende Regeln, die ganz einfach umgesetzt werden können. Die Kleidung muss selbstverständlich sauber und adrett sein. Allerdings bewerben Sie sich vermutlich nicht als Fotomodel oder Dressman. Es macht keinerlei Sinn, den Gesprächspartner mit dem teuersten Designer-Anzug in den Schatten zu stellen. Es ist absolut kontraproduktiv, sich wie ein Tannenbaum mit Schmuck zu behängen. Das Geheimnis liegt in eleganter Zurückhaltung – auch beim Schminkprogramm. Haben Sie sich auf eine Stelle im kaufmännischen oder im Vertrieb beworben, dann stellen Sie sich einfach vor, wie Sie vor Kunden treten würden. Kleiden Sie sich businessgemäß angemessen und übertreiben Sie es nicht – dann passt es.
Im Gespräch – Selbstsicherheit versus Überheblichkeit
Personaler wollen im Vorstellungsgespräch erfahren, ob Sie zur ausgeschriebenen Stelle passen und den künftigen Anforderungen auch in Stresssituationen gewachsen sind. Verlangt wird von Ihnen eine gute Portion Selbstsicherheit – fachlich und charakterlich. Seien Sie also überzeugt von sich, ihrer Ausbildung und ihrer Stressresistenz. Aber vermeiden Sie unbedingt Überheblichkeit und Arroganz. Stellen Sie sich als den größten Helden, den absoluten Nerd schlechthin dar, sorgt das für Antipathie und vergiftet die Gesprächsatmosphäre.
Stärken betonen – authentisch mit Schwächen umgehen
Mit großer Wahrscheinlichkeit werden Sie gefragt: „Wo sind Ihre Stärken“ und „Wo sind Ihre Schwächen“. Das Interessante daran ist, dass diese Frage eigentlich vollkommen anders lauten müsste. Treffender wäre: Wo sehen Sie Ihre Stärken und Schwächen? Die Antwort kann nur subjektiv sein, die Tiefenpsychologie spielt den Menschen da gerne mal den einen oder anderen Streich. Im Endeffekt wird jeder Mensch sich nicht so beschreiben, wie er faktisch ist, sondern wie er gerne sein würde. Also plappern sie nicht einfach drauf los. Vor dem Reden steht das Denken. Vor dem Denken steht das Zuhören. Was möchte der Personalentscheider von Ihnen wissen? Oftmals steht das zwischen den Zeilen. Und wenn Sie gebeten werden, „etwas von sich selbst zu erzählen“, dann interessieren vor allem die Aspekte, die unmittelbar mit dieser Stelle zu tun haben. Setzen Sie gerne punktuelle Akzente mit Hinweisen auf Stationen ihrer Ausbildung oder Tätigkeiten. Verlieren Sie sich nicht in Sinnlosigkeiten.
Unbequeme Fragen als positive Herausforderungen verstehen
Begreifen Sie die Frage nach den Schwächen als rhetorisch positiven Strohhalm: Sie sind im Umgang mit den Office-Programmen noch nicht topfit? Kein Problem, Sie können jetzt erwähnen, dass Sie das erkannt und sich für eine entsprechende Weiterbildung angemeldet haben. Der Wille zur Fortentwicklung muss erkennbar sein. Schon werden aus vermeintlichen Schwächen plötzlich Pluspunkte. Selbst die „Achillessehne“, etwas das Sie wirklich nicht können und nicht ihren Talenten entspricht, ist positiv. Denn betrifft das unmittelbar diesen Job, passen Sie nicht zu der Stelle. Die Stelle passt aber auch nicht zu Ihnen und Sie könnten darin niemals zufrieden werden. Also seien vollkommen Sie Sie selbst, ohne sich zu verstellen. Das funktioniert weder im Vorstellungsgespräch noch im späteren Berufsleben.
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